Folgende Beiträge ergaben sich aus einem intensiveren Twitterdiskurs mit Incredibul aus Mannheim. Zur Transparenz der Debatte habe ich das ganze jetzt mal verbloggt.
Es gibt in der Debatte ein paar Grundlegende Konflikte, der heftigste
entspinnt sich um den Begriff des Politikers. Während die eine Gruppe
den Begriff sehr weit spannt fasst die andere ihn sehr eng auf.
1. Definition: Ein Politiker ist jemand sobald er politisch aktiv wird, also beispielsweise einer Partei beitritt.
2. Definition: Ein Politiker ist jemand sobald er für ein Amt antritt oder ähnlich größere Verantwortung für sich beansprucht.
Der Unterschied der Definitionen wird im Spannungsfeld der Transparenz
deutlich: Während die Anhänger der ersten Definition wie
selbstverständlich für alle Parteimitglieder völlige Transparenz ihrer
Entscheidungen verlangen ist diese Vorstellung den anderen ein Greuel.
Meiner Meinung nach liegt der ersten Definition eine grundlegende Fehleinschätzung zugrunde die ich hier kurz darlegen will:
Parteien haben in der BRD eine spezielle im Grundgesetz festgelegte
Aufgabe, sie "wirken bei der Willensbildung des Volkes mit". Im
Grundgesetz werden die Parteien dadurch meiner Meinung nach als niedrige
und direkte Schnittstelle zum Volk vorgesehen. Je niedriger und
direkter diese Schnittstelle ausfällt, umso besser ist das Ergebnis, im
Moment ist es offensichtlich, dass das Ergebnis schlecht ist. Die
Parteien und die Politiker entfremden sich immer mehr vom Volk. Die
Piratenpartei könnte hier eine neue und notwendige Schnittstelle sein,
die erste Definition entpuppt sich aber hier als Hindernis.
Wenn jeder Bürger durch seinen Beitritt zur Partei zum Politiker wird,
muss jeder der diesen ersten und wichtigsten Schritt zur Partizipation
machen möchte bereit sein auf grundlegende Freiheiten zu verzichten. Als
Politiker ist man automatisch Person des öffentlichen Interesses, und
Entscheidungen und Meinungen müssen genau dokumentiert werden. Das
bedeutet für Personen für die diese Dokumentation ein Problem darstellt
wird diese Definition zum Ausschlusskriterium der Partizipation.
Paradoxerweise würde also der Einsatz einer personenbezogen
Transparenten Partizipationslösung, beispielsweise von Liquid Feedback,
die Hürden zur Teilnahme erhöhen. Legt man im Gegensatz dazu die engere
Definition an gelangt man automatisch zu dem Schluss, dass der Bürger
auch nach seinem Parteibeitritt ein Bürger bleibt. Mit allen Rechten
versteht sich, insbesondere eben NICHT unbedingt für seine Meinung
"einstehen" zu müssen.
Die zweite Definition ist also die, die am Ende für mehr Bürgerbeteiligung durch weniger Ausschluss sorgt.
Als Konsequenz dieser Abschätzung bleibt mir natürlich nichts anderes
übrig als Systeme die auf personenbezogene Transparenz setzen
grundsätzlich abzulehnen. Selbst ohne Berücksichtigung der fehlerhaften
Annahme, dass Transparenz ein wirksamer Schutz vor irgendwelchen
Manipulationen wäre. Siehe: Warum Transparenz und Klarnamen als Sicherheitsmechanismus ungeeignet sind Alternative Systeme die der zweiten Definition entsprechen zeichnen
sich durch niedrige Hürden aus, beispielsweise dürfen dort auch
Nichtmitglieder Beiträge/Anträge erstellen oder Kommentare/Argumente
hinterlassen. Der Versuch eine perfekte authentifizierung seines
gegenüber zu erreichen (Bundeskiste, etc.) ist letztenendes nur eine
logische Schlussfolgerung aus der Fehldefinition von Politiker.
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