Donnerstag, 7. März 2013

Diskussionen zur SMV und Liquid Democracy (2)

Die Diskussion zwischen Incredibul und mir wurde fortgesetzt hier meine Replik:

Bei der Einschätzung der Motivationen zu einem Parteieintritt stimme ich dir [Incredibul] vollumfänglich zu. Aber hier hast du einen Punkt übersehen, Parteien sollen an der Willensbildung des Volkes mitwirken, es ist also explizit im Aufgabenbereich der Parteien auch Nichtparteimitgliedern nahe und offen zu sein. Wenn eine Partei eine Partizipationsmöglichkeit bietet, ohne dass man gleich Mitglied werden muss ist das großartig und eine bessere Umsetzung des grundgesetzlichen Auftrags der Parteien.
Im Gegensatz dazu ist eine Möglichkeit die weitere Hürden über den Parteieintritt hinaus erstellt als eine schlechtere Umsetzung desselben Auftrags zu verstehen.

Wenn wir die Hürden betrachten die sich Stellen können wir ihre Schwere einschätzen, im Bezug auf Partizipation in der Piratenpartei sind das derzeit:
Mitgliedschaft:
* wenig Zeit
* etwas Geld
* kleine Bereitschaft sich zumindest einzuschreiben und der Parteiverwaltung zu "offenbaren"
Parteitag:
* seltener aber intensiver Zeitaufwand
* Geldlich von fast für umme bis 1000€ pro Wochenende ist alles drin
* etwas größere Bereitschaft sich der Parteiöffentlichkeit als Mitglied zu stellen

Neu vorgeschlagen wird hier:
Briefwahl mit Onlinediskussion:
* Unterteilbar in Briefwahl:
** wenig Zeit
** wenig Geld
** keine über die Parteimitgliedschaft hinausgehende "Offenbarung"
* und Onlinediskussion
** je nach Thema und Tool unterschiedlich hoher Zeitwand
** kein Geld über Internetanschluss hinaus
** je nach Tool keine über die Parteimitgliedschaft hinausgehende "Offenbarung" dank anonymisierter Beitragsmöglichkeiten.

SMV mit beispielsweise Liquid Feedback
* dauerhaft mittlerer Zeitaufwand, Delegationen müssen kontrolliert werden, sonst drohen Manipulationen
* kein Geld über Internetanschluss hinaus
* je nach Einstellung muss man mindestens mit einer längeren Speicherung jeder einzelnen Meinungsäusserung, insbesondere aller Einzelabstimmungen rechnen.


Ich wende mich aber nicht nur gegen zusätzliche Hürden, ich wende mich auch gegen die bereits bestehenden Hürden. Mit dem Aufbauen zusätzlicher Hürden sehe ich ein Zeichen für eine Bewegung in die falsche Richtung. Unser Ziel muss es sein noch offener zu werden. Gesprächsangebote müssen von uns ausgehen, und nicht von aussen in die Partei eingebracht werden. Ein geschlossenes internes Abstimmsystem mit noch höheren Hürden als dem schlichten Parteibeitritt halte ich da nicht für zielführend, schon gar nicht wenn es am Ende keinen wirklichen Mehrwert bringt.

Wenn ich an Deutschland denke und mir ausmale wie ich es gerne in 20-30 Jahren hätte, dann sehe ich eine gesunde parlamentarische Demokratie. Parlamentarische Demokratie deswegen, weil sie uns lange Jahre gute Dienste geleistet hat, und in jedem Fall bessere Dienste als alle Vorgängersysteme. Gesund, weil ich hoffe dass wir es schaffen die Entkopplung von Politik und Volk zu beheben. So kaputt, dass wir das Kind mit dem Bade ausschütten müssen ist unsere Demokratie nämlich bei weitem noch nicht!

Ich muss dir daher an einer Stelle entschieden widersprechen: Doch, jede Partei muss ein Angebot für jeden Menschen machen! Dass viele Parteien das nicht tun ist meiner Meinung nach der Grund für unsere derzeitige Krise. Es gibt keine Partei mehr die eine gesamtgesellschaftliche Vision bietet, oder es auch nur versucht.

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