Montag, 11. März 2013

Ein bisschen Vorarbeit

Falk Peter-Hirschel war beim ersten Landesparteitag Baden-Württemberg 2013 Jurist vom Dienst für die Versammlungsleitung. Bei der Debatte um die Abstimmung zwischen den Parteitagen trat er aber auch an's Mikrofon und leistete einen extrem wichtigen Beitrag für diese Diskussion. Mir wurde schlagartig bewusst: Ich bin nicht alleine mit meiner Meinung, und sie ist allem Anschein nach fundiert.

Ich fand diesen Beitrag großartig. Ich glaube nur, dass nicht alle verstanden haben was er wirklich bedeutete. Ich werde deshalb eine Reihe von drei Blogposts veröffentlichen damit auch alle Piraten diesen Beitrag wirklich in seiner ganzen Bedeutung nachvollziehen können!

Zunächst brauchen wir:

Ein bisschen Vorarbeit

Recht ist immer die Suche nach einer Lösung im Gesamtbild.

Um wirklich verstehen zu können welche Gesetze von einem Vorhaben wie einer außerparteitaglichen Abstimmung betroffen sind braucht man viel Geduld oder eine juristische Ausbildung. Ich habe mich 2010 nachdem wir Piraten in Bingen uns für einen Testlauf mit Liquid Feedback entschieden haben auf eine Reise begeben in ein Gebiet das ich nicht kannte. Im Nachhinein kann ich mit einiger Sicherheit sagen, dass es auch bis zum heutigen Tag ein (selbst unter Juristen) nicht gerade weit verbreitetes Fachwissen ist das ich mir da als Hobby angeeignet habe.

Erstmal umreißen wir grob worum es geht: Wir wollen Entscheidungen zwischen Parteitagen treffen, unser erster Anlaufpunkt (da es um eine neue Satzungsregelung geht) ist demnach das Parteiengesetz. Dort finden wir sehr schnell die wichtigsten Regelungen:
§8 (2) Die Satzung kann weitere der Willensbildung des jeweiligen Gebietsverbandes dienende Einrichtungen (Organe) vorsehen. Sie sind in der Satzung ausdrücklich als solche zu bezeichnen.

§9 (3) Der Parteitag wählt den Vorsitzenden des Gebietsverbandes, seine Stellvertreter und die übrigen Mitglieder des Vorstandes, die Mitglieder etwaiger anderer Organe und die Vertreter in den Organen höherer Gebietsverbände, soweit in diesem Gesetz nichts anderes zugelassen ist.

§15 (3)  Das Antragsrecht ist so zu gestalten, daß eine demokratische Willensbildung gewährleistet bleibt, insbesondere auch Minderheiten ihre Vorschläge ausreichend zur Erörterung bringen können. In den Versammlungen höherer Gebietsverbände ist mindestens den Vertretern der Gebietsverbände der beiden nächstniedrigen Stufen ein Antragsrecht einzuräumen. Bei Wahlen und Abstimmungen ist eine Bindung an Beschlüsse anderer Organe unzulässig.

Und das müssen wir jetzt irgendwie in einen logischen Zusammenhang bringen und daraus konkrete Dinge ableiten. Aber der Reihe nach:
§8 (2) enthält (wie es in Fachkreisen so gerne genannt wird) die Legaldefinition sogenannter Organe. Organe sind "der Willensbildung des jeweiligen Gebietsverbandes dienende Einrichtungen" und für unseren Zweck scheinen sie ideal zu sein. Wir wollen ja Entscheidungen treffen, das dient der Willensbildung und geht damit nur in einem Organ. Ein besonderes Organ wird übrigens in §8 (1) definiert, die Mitgliederversammlung:
§8 (1) Mitgliederversammlung und Vorstand sind notwendige Organe der Partei und der Gebietsverbände. [...]
Unser Plan scheint also einfach: Wir machen das mit dem Organ und dann ist alles gut! Leider nicht. Da gibt es nämlich noch den §9 (3), welcher den sogenannten Parteitagsvorbehalt enthält. Das hat zur Folge, dass bestimmte Dinge von einer Mitgliederversammlung beschlossen werden müssen. Diese Dinge sind "die Parteiprogramme, die Satzung, die Beitragsordnung, die Schiedsgerichtsordnung, die Auflösung sowie die Verschmelzung mit anderen Parteien."
Houston, we have a problem.
Wenn wir also über das Programm der Partei entscheiden wollen kommen wir um die Mitgliederversammlung nicht herum. Besonders beachtet werden sollte hier auch das Urteil des Bundesschiedsgerichts zu Positionspapieren. Diese dürfen auf keinen Fall als gleichwertig zum offiziellen Programm der Partei kommuniziert werden, und sind schon aus diesem Grund keine echte Alternative um den Gesetzestext zu umgehen, selbst wenn man diese Umgehung für sinnvoll hält (was ich nicht tue). Glücklicherweise hatte jemand eine Idee®: Statt ein separates Organ für Entscheidungen zwischen Parteitagen zu erschaffen hängen wir die Entscheidungsmöglichkeit einfach an die normale Mitgliederversammlung dran. Dafür müssen wir im Wesentlichen eine spezielle Tagungsform für diese erschaffen.

Wir wissen jetzt also wie wir Programm zwischen Präsenzparteitagen (also Offlineparteitagen) entscheiden können, aber wie müssen wir diese Tagungsform jetzt genau ausgestalten? Hilfe bietet uns dabei §15 (3), dieser befasst sich allgemein mit dem Antragsrecht in Organen und definiert die absoluten Grundlagen die gewährleistet sein müssen. In diesem Paragraphen fordert der Gesetzgeber, dass jedes Organ "eine demokratische Willensbildung gewährleistet".

Und jetzt wird es kompliziert, dazu gibt's dann morgen mehr!

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