Donnerstag, 11. Juli 2013

Offener Brief an die BNN: Ein toter Mann

Man mag es Frau Heimann verzeihen, dass sie die wirklich haarsträubenden Aspekte der Situation um Edward Snowden übersieht. Es mag altmodisch, ja, geradezu konservativ klingen, aber früher galt irgendwann mal, dass internationale Verträge tatsächlich eingehalten werden müssen. Einer davon regelt die Vergabe von Reisepässen, im Fall von Edward Snowden kein Hindernis für die USA: Sie entbanden sich unilateral von der lästigen Wahrung von Menschenrechten eines ihrer Staatsbürger. Ein anderer regelt die diplomatische Unverletzlichkeit von Staatsoberhäuptern wie Evo Morales. Was die Österreicher und einige andere europäische Länder da entgegen jeder Gepflogenheit durchführten ist eine Katastrophe.
"Pacta sunt servanda", Verträge sind einzuhalten, erscheint dem durchschnittlichen Deutschen vielleicht ein wenig abgehoben, aber es ist ein Grundsatz des internationalen Rechts. Wer diesen einfach so bricht begeht auf mehreren Ebenen Fehler. Wenn man der Vertragstreue eines Staates nicht mehr trauen kann, so sind alle Verträge mit diesem Staat das Papier nicht wert auf dem sie niedergeschrieben sind.
Doch es hat noch eine andere Dimension: Süffisant wird die lange Strecke von Moskau nach Caracas als "gefährlicher Weg" bezeichnet, und Frau Heimann könnte nicht näher an der Wahrheit dran sein. Edward Snowden ist ein toter Mann. Egal wie man es dreht und wendet, die Vereinigten Staaten von Amerika haben sich entschlossen an ihm ein Exempel zu statuieren. Wenn er jemals wieder in seine Heimat zurückkehrt wird er aller Wahrscheinlichkeit nach erschossen, erhängt oder mit der Giftspritze hingerichtet. Warum? Er wagte es die Welt darüber aufzuklären, dass sein Land alle anderen Staaten, darunter auch nominell Verbündete wie Deutschland, mit technischen Mitteln angreift. Technischen Mitteln die von der UN vor kurzem noch als Kriegswaffen bezeichnet wurden.
Ein Mann deckt die kriegerischen Handlungen seines Landes gegen Verbündete auf, und dafür wird er von den Zielen der Aggression seines Landes auch noch zum Staatsfeind erklärt. Zukünftige Generationen werden vielleicht einmal die Chance haben diese Handlungen als den gefährlichen Unsinn einzustufen den sie darstellen. Einstweilen bleibt zu hoffen, dass die Russische Föderation ihre "demonstrierte Passivität" beibehält. Sollten sie aktiv werden so werden bei der aggressiven und ignoranten Haltung der Amerikaner vielleicht bald die Nuklearstreitkräfte qua taktischem Atomschlag miteinander kommunizieren.

Sonntag, 9. Juni 2013

Einmal Streisand zummitnehmen

Der folgende Blogpost wurdebedauerlicherweise depubliziert. Die Piraten haben es nicht so mit Transparenz, ihr wisst ja ;)

Wirklich erschütternd? Man nannte mich mal einen Formalficker. Sowas hätte aber glaube ich nicht einmal ich mir erlaubt.
Zu Beginn diesen Monats bekam der Landesvorstand ein Ticket ins OTRS, dass den Betreff  “Antrag auf Ordnungsmaßnahme” hatte.
Ein Auszug:
“Die Fähigkeit ein Amt zu bekleiden ist verbunden mit dem zu erwartenden Verhalten des Betroffenen. Amtsträger einer Partei sind in der Mediendarstellung in höherem Maße als Parteimitglieder sichtbar, ihr Verhalten muss daher an einem strengeren Maßstab gemessen werden als das Verhalten bloßer Parteimitglieder. Das Verhalten des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin ist kein Einzelfall. Im Anhang befinden sich weitere Beispiele der bemängelten Äußerungen des Antragsgegners inklusive Zeitangaben. Er wählt öffentlich wiederholt Ausdrucksweisen und Konfrontationsformen die wohl nur zufällig noch keine überregionale mediale Aufmerksamkeit gefunden haben. Seine auf Eskalation und Herabwürdigung des Kommunikationspartners ausgelegte Form der Kommunikation ist bei einem Amtsträger der Piratenpartei nicht zu tolerieren. Dem Antragsgegner ist daher die Befähigung zur Bekleidung eines Amtes und folgerichtig auch das Amt das er bereits innehat abzuerkennen.”
Als Ersatz für diese – sehr weitgehende Ordnungsmaßnahme – wurde ein Verweis beantragt, also eine Ordnungsmaßnahme ohne unmittelbare weitergehende Folgen.
Natürlich behandelt der Landesvorstand solche Anträge äußerst schnell: Innerhalb von nur 39 Minuten hatte das erste Landesvorstandsmitglied Sebastian S. mit folgender Begründung abgelehnt:
“OM weiterverfolgen und Stellungnahme einholen
Dafür:
Dagegen: s3
Enthaltung:
Offensichtlich unbegründet, Sammlung von Aussagen die so imho weitgehend unproblematisch sind, mit Kritik muss man klarkommen.”
Einige Landesvorstandsmitglieder äußerten sich erst einmal vorsichtig, beispielsweise Peter:
“Ich werde zum jetzigen Zeitpunkt nicht abstimmen, da ich das Dokument zuerst einmal lesen muss und mir Gedanken dazu machen möchte. Ich Tendierte zur Zeit leicht zu Sörens Meinung, will mir aber 100% sicher sein, das ich hier keine Fehlentscheidung treffe.”
Was in diesem Fall Sörens Meinung war, ist mir leider nicht bekannt.
Ich hatte lediglich folgendes angemerkt:
“Aufgrund dessen, dass sein Verhalten und seine Äußerungen uns einen Direktkandidaten und mehrere aktive Piraten gekostet hat, sollte wir uns genau überlegen, ob wir ein solches Verhalten gutheißen oder nicht. “
Peter entgegnete wenige Minuten später:
“Sorry, Nati, was du schreibst, hat nichts mit dem Antrag zu tun, enthält aber schon eine Negative Wertung zur Person. Eine Wertung über Elzoidos verhalten in anderen Fällen ist aber irrelevant für den Vorliegenden Fall.
Ich meine, und das bezieht sich jetzt ausdrücklich NICHT auf Natis Äußerung, wir sollten versuchen, Objektiv auf der Basis der Begründung und NUR der Begründung zu Entscheiden.”
Sebastian, der ja nur wenige Minuten für die Ablehnung brauchte, warf folgendes in die Diskussion:
“Ich vermute Du beziehst dich auf Datacore, soweit ich das mitbekommen habe ist
nicht Elzoido am Rücktritt von Datacore schuld, oder Sören?”
Daraufhin antwortete Sören zu diesem Thema das erste mal inhaltlich:
“Datacore war mit der Partei an sich nicht zufrieden.”
Sophie hatte eine etwas längere Antwort, die auch erst über einen Tag später eintraf:
“Hallo zusammen
da ich es grundsätzlich eine ernste Angelegenheit finde, eine OM zu beantragen habe ich mich eingehend mit dem Antragsschreiben beschäftigt.
“elzoido: Im übrigen find ich das ziemlich unflauschig, wenn mein Name und Nick ohne meine Zustimmung auf irgendwelchen Portalen erwähnt werden.”
ist mMn valide Kritik.
“Die wiederholten Angriffe des Antragsgegners stellen gezieltes Mobbing mit dem Ziel die Antragstellerin zum Austritt aus der Piratenpartei zu bewegen.”
- Das Ziel, Lisa zum Austritt zu bewegen, ist eine krasse Unterstellung für die ich in Lisas Schreiben keine Belege gefunden habe.
“Es ist bereits mindestens ein Mitglied der Piratenpartei wegen seines Verhaltens ausgetreten.”
- So etwas ohne Belege zu behaupten ist ebenfalls eine krasse Unterstellung.
“Eine öffentliche Berichterstattung über einen Rücktritt einer Direkt- und Listenkandidatin wegen Cyber-Mobbing würde der Piratenpartei im kommenden Bundestagswahlkampf erheblichen Schaden zufügen und überregional den Wahlerfolg gefährden.”
- Überzeugt mich vom Gegenteil, aber das klingt für mich nach einer impliziten Drohung und ist überdies völlig fehl am Platz. Gegenstand einer OM ist nicht, was der Antragsteller machen würde, wenn die OM nicht durchkommt.
“Seine bevorzugten Opfer sind hierbei Jörg Tauss (“Märchenonkel”), Jasenka Wrede (“#frauwausr”), Justus Wingert (“Vollsympath”) und Lisa Collins.”
- Ich weiß nicht, was “Frau W. aus R.” für eine Beleidigung sein soll. “Märchenonkel” ist respektlos aber mMn keine Beleidigung, ebenso “Vollsympath”. Ich lese hier nirgendwo Begriffe wie Arschloch Wichser Hurensohn oder was ich sonst so typischerweise als Beleidigungen kenne.
“elzoido: @wasMitNetzen Zur Sache an sich hab ich nix gesagt. Nur zum mangelnden Fingerspitzengefühl.”
- Ist mMn zulässige Kritik. Ebenso sagt er ja “Zur Sache an sich hab ich nix gesagt.” Lisas Ausführungen und Überlegungen zur Pädophilie kritisiert er überhaupt nicht, sondern er kritisiert, dass sie sich mit genau diesem Thema beschäftigt. Was ist daran Mobbing?
Insgesamt habe ich folgenden Eindruck: elzoido wird polemisch – dennoch enthalten die als Belastung angeführten Tweets durchaus valide Kritik. Ich finde hier Respektlosigkeiten, aber keine Beleidigungen.”
Kurz darauf stimmte auch Sophie gegen den Antrag, die Ordnungsmaßnahme weiter zu verfolgen:
“OM weiterverfolgen und Stellungnahme einholen
Dafür:
Dagegen: s3, sm
Enthaltung:”
Peter hatte sich Tage später zum Antrag wie folgt geäußert:
“Meine Stellungnahme zum Antrag auf Beantragung einer OM:
Die Ausgangslage:
Die OM wurde beantragt, um die „anhaltende öffentliche Verletzung von Persönlichkeitsrechten der Antragstellerin durch den Antragsgegner zu unterbinden, und geeignet weiteren Schaden von der Piratenpartei abzuwenden.“
Hier werden zwei Behauptungen aufgestellt:
1. Das verhängen einer OM der Piratenpartei gegen eins ihrer Mitglieder ist geeignet, „öffentliche Verletzung von Persönlichkeitsrechten“ zu unterbinden;
2. Das verhängen dieser OM ist geeignet, „Schaden von der Piratenpartei abzuwenden.“
Zur ersten Behauptung lässt sich folgendes bemerken:
Insbesondere das Allgemeine Persönlichkeitsrecht basiert auf der Gewährleistung der Grundrechte der Würde des Menschen [1] und der freien Entfaltung der Persönlichkeit. [2} Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts [3] sind diese Grundrechte auch und gerade gegen Beeinträchtigungen durch Äußerungen Dritter geschützt. Daraus folgt, dass jede lebende natürliche Person Träger des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des
Rechts der persönlichen Ehre in der Ausgestaltung ist, die diese Rechtsinstitute durch die dargestellten straf- und zivilrechtlichen Normen erfahren haben. Das gilt ohne Ausnahme.
Nach dem Bundesverfassungsgericht soll der Einzelne grundsätzlich selbst entscheiden können, wie er sich Dritten oder der Öffentlichkeit gegenüber darstellen will. Für das „Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person“ hat es Regeln skizziert.
Es gibt, bei diesem Punkt,  zwei Möglichkeiten des Vorgehens für den LaVo:
1) Der LaVo Untersucht, ob es in seinem Zuständigkeitsbereich „Verletzung von Persönlichkeitsrechten“ nach den Kriterien des BVerfG, abgeleitet aus dem z.B. in dem Lebach-Urteil [4] aufgestellten Grundsätzen gegeben hat;
2) Der LaVo Untersucht, ob eine Entscheidung durch ihn geeignet ist, die „öffentliche Verletzung von Persönlichkeitsrechten“ zu unterbinden.
Zum ersten Punkt kann ich nur sagen, das dies nicht die Aufgabe des LaVos der Piratenpartei sein kann. Hinzu kommt, das keiner der unter „Begründetheit“ aufgeführten Zitate eines aus dem Bereich der  Zuständigkeit der Piratenpartei  ist. Es ist auch Zweifelhaft, ob der es in seinem Zuständigkeitsbereich „Verletzung von Persönlichkeitsrechten“ nach den Kriterien des BVerfG, abgeleitet aus dem z.B. in dem Lebach-Urteil [4] aufgestellten Grundsätzen gegeben hat. Hier gilt auch der Grundsatz, dass gerade im “politischen Meinungskampf” harte bandagen erlaubt sind. Siehe hierzu [5]. Hinzu kommt, das die Feststellung, das es im Bereich der Zuständigkeit des LaVo BW zu „Verletzung von Persönlichkeitsrechten“ von von Seiten des Antragsgegners gekommen ist, eine Legetime Zivilrechtliche Überprüfung dieser Vorwürfe incl. einer Möglichen Schadensersatzklage gegen die Piratenpartei BW zur Folge haben könnte. Hier stellt sich die Frage, warum der LaVo eine Zivilrechtliche Auseinandersetzung riskieren soll, wo, bei eindeutigen beweisen für die Täterschaft, wie von der Antragsstellerin behauptete, ihr doch dieser weg der Auseinandersetzung offensteht. Er steht ihr übrigens unabhängig von der
Entscheidung des LaVo immer zu.
Zum Zweiten Punkt kann ich nur sagen, das es nicht die Aufgabe des Vorstandes der Piratenpartei baden Württemberg ist, die behauptete „öffentliche Verletzung von Persönlichkeitsrechten“ zu unterbinden. Dies steht einzig und allein Ordentlichen Gerichten zu und ist in keinem Fall Aufgabe des Vorstands einer Partei.
Zur Zweiten Behauptung, das das verhängen dieser OM geeignet ist, „Schaden von der Piratenpartei abzuwenden.“
Festzustellen ist hier: viele der unter „Begründetheit“ aufgeführten Zitate sind, nach meine Moral und Wertvorstellungen Indiskutabel und würden so von mir nicht benutzt.
Aber, aus der Gesamtheit der Ausführungen der Antragstellerin ergibt  sich nur durch ihre Interpretation eine Schädigung ihrer Person. Ein Beispiel: Laut Antragsstellerin hat der Antragsgegener auf eine Blogbeitrag von ihr hin getwittert „Juhu! Kinderpornos ohne Not im Wahlkampf thematisieren! Schnell, lasst uns noch eine Nazi-Unterstützung “aus Prinzip” hinterher werfen!“. In Ihrer Interpretation wird daraus: „Der Antragsgegner vergleicht hier die Äußerungen der Antragstellerin mit der Unterstützung von Nazis“. Und genau dies geschieht hier inhaltlich nicht. Es findet keine Gleichsetzung der Äußerungen statt. Der Antragsgegner benutzt hier jedoch eine Analogie zur Darstellung der von ihm befürchteten Wirkung der Äußerungen der Antragsstellerin.
Die Antragsstellerin führt zur Begründung des schädlichen Verhaltens des Antragsgegners aus: „Zu ihrer Kandidatur auf dem Landesparteitag 2013 in Flein äußert sich der Antragsgegner wie folgt:
Kandidatin für stellv. Vorsitz, die von der Verbesserung interner Kommunikation redet und den Dauerpöbler/Vollsympathen Justus toll findet.“
Hierbei ist das problem, das die angegriffene Person nicht die Antragsstellerin ist, sondern Justus, den er wird hier als „Dauerpöbler/Vollsympathen“ bezeichnet.
Hier ist auch es so, das die politische Position der Antragsstellerin infrage gestellt wird, indem sie mit der Wahrnehmung des Antragsgegner verglichen wird.
Dieses vorgehen ist Sexistisch, den es Reduziert die Politische Position der Antragsstellerin auf ihr persönliches Verhältnis zu einem Man.
Hier ist es aber so, das die Piratenpartei Sexismus als Umgangsform miteinander duldet, diesen im Binnenverhältnis sogar leugnet und seine Existenz im Umgang miteinander Bestreitet.
Nun lässt sich draus sicherlich kein Gewohnheitsrecht auf Sexistisches Verhalten ableiten, nur ist es so, das dadurch, das jemand ein allgemein Akzeptiertes Verhalten an den Tag Legt, der  Piratenpartei kein Schaden entstehen kann.
Ein letztes: Die Antragsstellerin schreibt: „Die Antragstellerin ist Listenkandidatin und Direktkandidatin für die Bundestagswahl, ihr vom Antragsgegner angestrebte Austritt würde die politische Arbeit erheblich erschweren.“
Die Richtigkeit dieser aussage würde, mit Fug und Recht, die Einleitung einer OM mit dem Ziel der Amtsunwürdikeit begründen. Das Problem ist: keine der der vorgelegten Beweise stützt Explizit diese aussage. Impliziert ergibt sich diese aussage nur aus der Interpretation der Aussagen des Antragsgegners.
Weiterhin habe ich ein Problem mit folgender Aussage der Antragsstellerin „Eine öffentliche Berichterstattung über einen Rücktritt einer Direkt- und Listenkandidatin wegen Cyber-Mobbing würde der Piratenpartei im kommenden Bundestagswahlkampf erheblichen Schaden zufügen und überregional den Wahlerfolg gefährden.“
Aus dem Kontext des Satzes kann ich (positiv) eine Theoretische Folgeabschätzung lesen. Negativ gelesen muss ich dies als Versuch der Einflussnahme durch Drohung mit Rück- und Austritt lesen.
Aus den Vorgenannten Gründen bin ich dagegen, die OM weiterzuverfolgen und eine Stellungnahme einzuholen
[Quellen]“
Nach seiner Stellungnahme hat auch Peter gegen den Antrag gestimmt, somit stand es 0:3:0.
Sören hatte sich dann ohne weitere Stellungnahme oder Meinungsäußerung auch gegen den Antrag gestellt:
“OM weiterverfolgen und Stellungnahme einholen
Dafür:
Dagegen: s3, sm, pl, so
Enthaltung:”
Somit war der Antrag abgelehnt und Mobbing wird mit fadenscheinigen Argumenten im Landesverband beanstandungslos toleriert und vom Landesvorstand mitgetragen. Äußerungen von Sophie, die ich per SMS bekam, enthüllen dann aber, wie sehr ein Klima der Angst auch den Landesvorstand in seinen Entscheidungen massiv beeinflusst. Die folgende SMS, kam nach einem Gespräch mit Sebastian und Sophie zustande, nachdem ich beiden meine ablehnende Haltung dieser Entscheidung mitteilte:
[AdR: Inhalt der SMS wurde nachträglich ergänzt.] Nati ich versprech dir dass wir nicht untätig bleiben. Ich möchte auch nicht dass es so bleibt wie es jetzt ist. Was meine angst vorhin war, ist dass wir gegen elzoido jetzt kante zeigen und wenn später jemand mich fertig macht dann interessiert sich keiner dafür. Wieder freunde? :)
Während sicher auch einige Äußerungen von Sebastian diskutabel sind, so erkennt man schon an der bloßen Menge, dass hier ein Problem vorliegt. Um es in die Worte meiner Kollegin zu hüllen: Mobbing ist, wenn sich jemand gemobbt fühlt. Obwohl ganz klar unmögliche Äußerungen von Sebastian Sp. vorlagen wurde hier selbst das Mindestmaß, ein Verweis, abgelehnt. Wenn ich solche Sachen lese, dann werde ich nur wütend:
“Juhu! Kinderpornos ohne Not im Wahlkampf thematisieren! Schnell, lasst uns noch eine NaziUnterstützung “aus Prinzip” hinterher werfen!”
“Fun fact: Bei dieser “Politik” gehts nicht nur drum, zu welchen Themen man sich äußert, sondern auch zu welchen man besser die Kresse hält.”
“@wasMitNetzen Es ist kein Rückgrat, sondern politische Dummheit sich ohne Not ne KinderpornoDiskussion an die Backe zu nageln”
“@wasMitNetzen Zur Sache an sich hab ich nix gesagt. Nur zum mangelnden Fingerspitzengefühl.”
Das ist keine normale Kritik, das ist einfach nur jemanden “aus Prinzip” fertig gemacht!
Ein Vorstand, bzw. wenn mehr als die Hälfte der Vorstandsmitglieder Mobber schützen und nicht das/die Opfer, dann läuft etwas verdammt falsch! Ich kann dieses Verhalten einfach nicht tolerieren.  Ich fordere deshalb meine Amtskollegen auf, sich bei der Antragsstellerin und den Opfern der Mobbern, die wir in der Piratenpartei BaWue haben, zu entschuldigen. Außerdem fordere ich von allen meinen Amtskollegen, dass wir gemeinsam gegen Mobber vorgehen und klare Kante zeigen! Unsere Aufgabe ist es auch selbständig Ordnungsmaßnahmen zu formulieren und umzusetzen, wenn wir die Ordnung der Partei in Gefahr sehen!
PS: Ich habe dies veröffentlicht, nicht weil ich hier jemanden vorführen möchte, sondern ich möchte, dass sich jede Person selbst ein Bild über diesen Antrag und das Thema Mobbing macht.

Dienstag, 21. Mai 2013

Der fertige Blogpost

Ich habe einen Blogpost geschrieben. Und ich werde ihn nicht veröffentlichen. Manche Menschen sind mir das eben wert.

Ich bin nicht mehr Parteimitglied. Ich habe meinen Austritt heute an den LaVor geschickt. Die Gründe sind vielfältig, die Art und Weise in der mit Lisa und mir in den letzten Tagen umgegangen wurde ist ausschlaggebend. Diese Partei ist nicht mehr das was ich mir vorgelogen habe.

Wir sind längst nicht mehr der sichere Hafen für Politikverdrossene, wir sind ein Haifischbecken. Und die Schuldigen merken es nicht mal mehr. Ursachen werden überall gesucht, nur nicht bei sich selbst. Versuche anderer etwas zu verbessern werden im besten Fall kritisiert, im schlimmsten Fall aktiv unterminiert.


Ich stehe schon lange nicht mehr hinter den Zielen der Piraten. Der Mindestlohn ist glatte 3 € unter dem was ich für notwendig erachte, das BGE ist ein neoliberales U-Boot im sozialliberalen Tarnumhang, radikalen Laizismus halte ich für dämlich und über die Position zum Jugendschutz bei Computerspielen möchte man mich besser gar nicht erst anfangen lassen. Man spricht ja immer so gerne von der inneren Kündigung, nun, die habe ich wohl bereits 2011 ausgestellt. Seit damals interessiert mich das Programm eigentlich nur noch am Rande. Selbst gröbere Unfälle bin ich bereit zu akzeptieren, mein letzter Rückzugspunkt: Die Beteiligung. Ich habe mir die Piraten zur Mitmachpartei geträumt. Jeder sollte mitmachen können, ganz gleich wie er drauf ist, ob er blind, taub oder stumm ist, ob er dunkle oder helle Haut hat, männlich, weiblich oder sonst ein Geschlecht hat, introvertiert oder extrovertiert ist, zusammengefasst: Einfach jeder Mensch.

Ich habe geträumt. Diese Partei ist längst eine ganz normale Vereinigung wie es sie tausendfach in Deutschland gibt. Vereinsmeierei, politische Messerstechereien "unter Freunden" und brutale Meinungsgleichmacherei via Shitstorm. Das Überleben des Stärkeren - Polit-Darwinismus gewissermaßen - ist längst in die Piratenpartei eingezogen. Das am Anfang noch zaghaft wachsende Pflänzchen der Mitmachpartei ist im Shitstorm eingegangen. Mitmachen kann jetzt jeder, solange er bereit und gewillt ist hinauszutreten in den Überlebenskampf.

Es wurde mir ein Zitat von einem SPD-Politiker zugetragen: "Seid ihr Piraten bescheuert? Bei uns geht's ja auch nicht anders zu, aber wir machen das doch nicht öffentlich!" Ich habe dieses Zitat in letzter Zeit häufig verwendet, aber aus den falschen Gründen. Ich habe mich über das "öffentlich" gefreut, statt mich über das "nicht anders" zu ärgern. Genauer gesagt musste ich letzteres sogar aktiv ignorieren. Ich kann es nicht mehr ignorieren. Die Piratenpartei ist mittlerweile nicht mehr anders als die SPD. Wir haben zwar keine Delegierten, aber die wesentlichen Dinge, die sozialen Abläufe und Dynamiken, sind inzwischen gleich.

Ich bin von vielen Piraten enttäuscht und stinksauer auf andere. Ich will aber lieber die loben die ich zurücklasse, statt auf denen rumzuhacken die es meiner Meinung nach verdienen.

Die Zurückgelassenen

Ich verlasse eine Partei in der auch viele gute Menschen noch ihr Heim finden. Einige davon will ich hier nennen, wer hier nicht genannt wird möchte bitte nicht sauer sein, ich kenne einfach nicht alle guten Menschen in der Piratenpartei und von einigen guten Menschen kann ich einfach nicht richtig ausdrücken was mir an ihnen so wichtig ist.

Zuerst mal Peter Laskowski. Wir hatten einen etwas holperigen Start auf Twitter, aber es ist deiner unermüdlichen Offenheit zu verdanken, dass daraus etwas wurde. Du bist ein integrativer Mensch, du akzeptierst es nicht, wenn jemand behauptet, dass eine Differenz zu groß ist um darüber zu reden, aber gleichzeitig schaffst du es für dich eine Grenze zu ziehen. Es ist ein Drahtseilakt das zu machen, aber du bist ein Mensch dem ich diesen Drahtseilakt zutraue. Über deine tolle Reaktion in Neumarkt müssen wir gar nicht reden, wie dankbar ich dir dafür bin habe ich dir schon per DM gesagt.

Das Findeco Team: Inzwischen nur noch die Leute von DisQussion, alles was ich dazu beitragen konnte habe ich getan. Ihr träumt noch den gleichen Traum den ich mal geträumt habe, dass das Internet ein Platz ist an dem Diskussionen und politische Debatten fair ablaufen können. Macht weiter, bitte! Ich bete, dass ihr Recht habt, ich bete, dass ihr das schafft. Ich kann es nur nicht mehr glauben.

Dann ist da Kevin Honka: Unermüdlicher Basispirat mit Beauftragung. Freundschaftsdienste sind eine Selbstverständlichkeit. Die unentgeltliche Arbeit die du für mich und Sven erledigst (und für die ich dir immer noch das ein oder andere Getränk schulde *g*) ehrt dich. Du bist ein großartiger Freund.

Sven Krohlas: Wir haben uns 2009 am Stammtisch Karlsruhe kennengelernt. Einen Typ wie dich mit Worten zu beschreiben ist ein bisschen schwierig, weil die Aura der Selbstverständlichkeit mit der du das tust dabei verloren geht. Du hast immer ein offenes Ohr und eine offene Tür wenn irgendwas ist. In deiner Scheune lagern immer noch 10 200 Liter Fässer und ein Zelt von mir. Wenn ich dich morgens um 3 anrufe und sage "ich brauche dringend nen Platz um unterzukommen!" machst du die Tür auf bewirfst mich mit einer Decke und gehst wieder pennen. Die Geschichte mit dem Hammer übrigens, ... die war erfunden. Aber sie HÄTTE stattfinden können, und du konntest das Gegenteil nicht beweisen!

Lisa Collins: Du hast die erste Version dieses Blogposts gelesen, und weil du mich drum gebeten hast habe ich ihn überarbeitet. Du bist viel zu nett für diese Welt. Dich kennenzulernen und zu meinen Freunden zählen zu dürfen, dich sogar als meine beste Freundin bezeichnen zu dürfen ist ein Privileg. Die Piratenpartei sollte eine Partei sein in der du deine Ziele umsetzen kannst, in der du deine Visionen ausleben kannst. Sie ist es nicht, und das ist auch mein Versagen. Mein Traum von Demokratie war eigentlich schon vorbei, als ich dich kennengelernt habe und gemerkt habe, dass du diejenige bist für die ich mir das wünsche. Und was dir passiert ist hat mir gezeigt, dass es nur ein Traum ist. Ich habe verkannt in was für einer Partei wir sind, und damit einen Fehler gemacht der dich in einen Shitstorm warf. Ich könnte einen ganzen Blogpost darüber schreiben, aber ich bleibe dabei was ich schonmal geschrieben habe: Ich akzeptiere jede Beleidigung und jeden Flame gegen mich und meine Person, aber wer dich angreift, der trifft mich.

Auch in dieser Liste fehlen wieder Leute. Jede Menge Leute. Viel mehr als in der anderen Liste. Piraten das sind immer noch die Leute die Steaks auf den Grill werfen mit den Worten "wenn jemand Hunger hat, hier sind Steaks!", immer noch die Leute die auf den Ruf "ich bräuchte mal nen Hammer" mit eiligem Gewusel reagieren. Aber irgendwie haben wir es mehrere Jahre lang nicht geschafft diese Nettigkeit ins Netz zu retten, und da wollen wir jetzt unsere Entscheidungen treffen. Mutig? Übermütig. Versucht euch das zu bewahren, ich werde weiterhin den Leuten die ich als Freunde betrachte helfen. Ich bete, dass ihr es schafft diese kaputte Partei zu retten, aber mein Wahlzettel bleibt wohl vorerst leer.

Sonntag, 19. Mai 2013

And suddenly a wild rage-quit appears

Streetdog hat das in seinem Tweet absolut wundervoll zum Ausdruck gebracht. Es reicht. Das Fass ist voll.

Ich muss nicht 50 Stunden in der Woche unbezahlt Software für die Piratenpartei entwickeln. Ich muss nicht meine Werkzeuge und meinen technischen Sachverstand in Großplakatständer investieren. Ich kann auch ohne die Piratenpartei ganz gut leben. Und wofür brauchen wir Großplakate? Wollen wir draufschreiben "Wir sind genauso autoaggressiv und pimmelig wie alle anderen! Wählt uns!"?

Ich muss im Wahlkampf nicht eine Woche lang Plakate in meinem Wahlkreis aufhängen, ich kann auch zu Klein-Norbert fahren und seine gewaltsam abhängen. Da besuch ich halt mal wieder meine Oma, die freut sich wenn ihr Enkel da ist und was ich nachts mache ist der egal. Denn warum soll ich konstruktiv arbeiten wenn diese Arschlöcher das nicht tun?

Was gegen mich persönlich kommt kann ich wegstecken, ich hatte in meinen 9 Jahren am Gymnasium und in 4 Jahren an der Grundschule genügend Gelegenheit mich mit Mobbing zu arrangieren, Anfänger wie Hense oder Elzoido kriegen das Fell das ich mir zugelegt habe nicht kaputt. Aber ich habe in der Tat einen Wunden Punkt, und den habt ihr erfolgreich erwischt. Dass ausgerechnet Lisa, eine der nettesten und engagiertesten Personen die ich kenne von euch vom Platz gejagt wird lasse ich nicht durch gehen. Es gibt eine Grenze, da hat der liebe Norbert völlig Recht. Und er hat sie überschritten.

Wenn ihr Krieg wollt, könnt ihr Krieg haben.

Sagt nicht ich hätte euch nicht gewarnt.

"Dankeschön!" - "Was erlaubst du dir du blödes Arschloch?!"

Im echten Leben würde man sich bei diesem Wortwechsel wohl an den Kopf fassen. Bei den Piraten scheint diese Art von verbalem Schlagabtausch anerkannte Praxis.

Angefangen hat das ganze am 14. Mai: KPeterl erklärt, dass er sich eine Auszeit nimmt. Der Grund? Er erhält zur Zeit sehr viele anonyme Anfeindungen. Mein erster Einfall war, ein Portal zu schaffen auf dem Vorstände und andere Funktionäre so richtig abkotzen können und alle anonymen Anfeindungen gegen sie veröffentlichen können. Dieser Vorschlag hatte einfach alle Komponenten die bei Piraten wichtig sind: 100% destruktiv, 100% Popcorn. Über diesen Vorschlag habe ich dann auch Lisa informiert, und dann passierte etwas schönes.

Wenn aus destruktiv konstruktiv wird

Lisa teilte mir mit, dass sie meine Idee nicht so gut findet, aber sie hatte einen Gegenvorschlag: Warum den Mist breittreten wenn man stattdessen das Dankeschön feiern könnte? Und so wurde die Idee zu den Flauschpiraten geboren. Ich habe mich hingesetzt, die Domain bestellt, eine kleine Software geschrieben mit der wir arbeiten können und am Samstag Abend war es dann soweit. Wir hatten ein anfängliches Design, wir hatten die Software, wir hatten einen erklärenden Text, wir konnten loslegen. Und dann passierte wieder das was man erwartete.

Wenn aus konstruktiv destruktiv wird

Von einigen wurde die Idee gut angenommen, von einer lauten Minderheit aber nicht. Ich habe selten soviel Scheiße gelesen. Mein persönlicher Tiefpunkt war heute jemand der einen Flausch an Adolf Hitler abgesetzt hat. Ernsthaft liebe Piraten? Ernsthaft? Hat euch irgendjemand ins Hirn geschissen liebe Vollpfosten der Partei und parteinahe Vollpfosten?
Was ist eigentlich los mit Leuten die sich darüber aufregen, dass nur die Machtgeilen und Abgehobenen sich in der Politik durchsetzen können, aber auf der anderen Seite durch ihre ständigen Beleidigungen dafür sorgen, dass die nicht Machtgeilen und nicht Abgehobenen sich die Scheiße nicht mehr antun wollen?

Jeder einzelne der in den letzten 24 Stunden ironische oder sarkastische Inhalte auf Flauschpiraten gestellt hat sollte sich mal fragen was er oder sie will. Wollt ihr wirklich diejenigen verjagen die Politik machen weil sie an etwas glauben aber kein dickes Fell haben? Jeder Trolleintrag ist eigentlich nur ein Armutszeugnis für den Absender. 

Ich sage nicht, dass eine bessere Kommunikationskultur - also mehr Danke sagen als rummeckern - alternativlos ist. Ganz im Gegenteil. Ich stehe gerne für die alternative Art der Auseinandersetzung zur Verfügung: Mein Zweihandschwert ist geschärft und einsatzbereit.

Wohin jetzt?

Was sollen wir also machen, mit einer Partei in der es Vollidioten gibt die so kaputt in der Birne sind, dass sie ein Projekt zum Bedanken bei verdienten Piraten angreifen? Die Antwort auf diese Frage kann sich jeder nur selbst geben. Ursprünglich war geplant, dass ich die Software mache und Lisa sich um die Moderation kümmert. Lisa ist mittlerweile wegen der absolut unterirdischen Einreichungen raus, ob sie bei den Piraten bleibt sehen wir dann.

Ich persönlich wähle eine andere Methode: Die Software ist fertig, und um die paar Einsendungen kann ich mich kümmern. Ich werde daher weitermachen. Warum? Weil ich mir von von dummen hirnlosen Arschlöchern nicht verbieten lasse etwas umzusetzen das ich wichtig und richtig finde!

Fickt euch - so ganz gepflegt und flauschig - die Flauschpiraten kriegt ihr nicht weggeflamet ihr Dreckschweine!

Mittwoch, 15. Mai 2013

Kurz verbloggt: Vom Wolpertinger und uneingeschränkter Solidarität


Als Antwort auf http://brunnengespraeche.de/2013/05/wenn-eine-revolution-ihre-kinder-frisst-braucht-sie-niemand/#comment-1685

Uneingeschränkte Solidarität ist nichts für mich, und die Verbindung zwischen der angeblich nicht beschlossenen SMV  und Pyths Austritt (den ich auch bedauere, aber nachvollziehen kann) erschließt sich mir nicht.
So langsam kommt in mir der Verdacht auf, dass es eventuell zwei Parteien mit dem Kurznamen "Piraten" gibt, eine davon hat in Neumarkt äußerst demokratisch eine ständige Mitgliederversammlung mit Onlinebeteiligung auf Basis eines Mitgliederentscheids beschlossen. Die Maximalforderungen im Konsensmäntelchen wurden abgelehnt, und das scheint einigen nicht zu passen. Es passt ihnen gar so wenig, dass sie es geschafft haben die Presseberichterstattung davon zu überzeugen dass es den echten Konsens nicht gibt.

Dummerweise steht dieser aber in der Satzung und lässt sich nicht wegdiskutieren. Es bleibt abzuwarten wann die Presse erkennt, dass sie ein paar Schreihälsen aufsitzt die ihnen Äpfel für Birnen verkaufen. Die Streitkultur innerhalb der Partei verbessert sich jedenfalls zunehmends, es ist schade, dass immer noch gute Leute gehen, aber "klare Kante" ist darauf keine Antwort. Es menschelt nunmal überall, und die Piraten sind nicht der erste Verein mit Vereinsmeierei und schmutzigen Gerüchten. Ein SPD Mitglied formulierte es mal so schön: "Seid ihr Piraten bescheuert? Bei uns geht's ja auch nicht anders zu, aber wir machen das wenigstens nicht öffentlich!" Transparenz zeigt nunmal nicht nur die schönen Seiten der Politik.

Sonntag, 5. Mai 2013

Die SMV Anträge im Überblick

Der BPT2013.1 in Neumarkt naht, und ebenso die aller Voraussicht nach ziemlich fruchtlose SMV-Diskussion. Ich möchte hier für den Einsteiger einen groben Überblick über die hier zu findenden Anträge schaffen. Wer Sarkasmus findet darf ihn behalten.

SÄA009 "Die Hardcore SMV für Stellungnahmen, Entschließungen, Empfehlungen, Programm und Satzung"
Hier ist im Wesentlichen drinnen was drauf steht. Ein Klarnamen-Liquid Feedback (auch wenn mal wieder wie üblich um den heißen Brei herumgeredet wird) für Satzungs- und Programmänderungen. Die diversen Stellungnahmen der Datenschutzbeauftragten sowie alle Diskussionen der letzten 3 Jahre sind an diesem Antrag spurlos vorübergegangen. Willkommen im Jahr 2010 der Diskussion um Liquid Feedback. Die Realitätsverzerrung erklärt sich mit dem Antragsteller: Christopher Lauer. Ok, das war jetzt irgendwie nicht so die Überraschung.

SÄA010 "Die Hardcore SMV für Stellungnahmen, Entschließungen, Empfehlungen, Programm OHNE Satzung"
Der Ausschluss von Satzungsänderungen ist etwas holperig geregelt, der restliche Antrag sonst Deckungsgleich mit SÄA009. Ich weiß nicht ob ich den Ausschluss von Satzungsänderungen als Fortschritt markieren soll. Ist ein 3 Kubikmeter Misthaufen besser als ein 3,1 Kubikmeter Misthaufen?

SÄA012 "SMV jetzt, GO später - der Konsensantrag zur SMV"
Entscheiden ohne zu entscheiden ist inzwischen wohl "in". Diese Liquid Democracy SMV soll sich auf Positionspapiere und "verbindliche Stellungnahmen" beschränken, was auch immer das ist, wir werden dieser kreativen Wortschöpfung später noch begegnen... Wenn wir das hier annehmen können wir es genauso gut bleiben lassen. Die Voraussetzungen sind hinreichend weichgespült um bedeutungslos zu sein.

SÄA027 "SMV jetzt, GO später - der Konsensantrag zur SMV inklusive Parteiprogramm"
Analog zu SÄA009 und SÄA010 haben sich auch hier die Antragsteller gedacht, dass es sinnvoll ist ihren eigenen Antrag in unterschiedlichen Ausprägungen einzureichen. Parteiprogrammänderungen online klingt ja sinnvoll, aber natürlich ändert auch dieser Antrag nicht wirklich etwas.

SÄA026 "SDMV - die Ständige Dezentrale Mitgliederversammlung für geheime, basisdemokratische Urnen-Abstimmungen ohne Delegationen an dezentralen Orten" (inkl. X013 "SDMV Geschäftsordnung - die Ständige Dezentrale Mitgliederversammlung für geheime, basisdemokratische Urnen-Abstimmungen ohne Delegationen an dezentralen Orten")
Dieses Monster entspringt einem praktischen Einsatzgebiet: Die Rheinland-Pfälzer bedienen sich dieses Systems um ihrerseits Urabstimmungen durchzuführen. In a nutshell ist dieser Vorschlag ein reiner Abstimmungsformalismus. Die Aussprache wird auf eine Mailingliste verlegt. Die Urnen-Mindestgröße ist mit 5 Piraten ziemlich klein, bei so wenigen Teilnehmern kann ein korrekter Ablauf gerade eben noch gewährleistet sein. Alles in allem ein Modell das tatsächlich funktionieren könnte.

SÄA029 "Kombinationsmodell anstelle einer ständigen Internet-Beschlussfassung (SMV)"
Kurz und knackig. Ausarbeitung via Liquid Democracy Tool (lies: Liquid Feedback), aber eine Aussprache sieht der Antrag nicht explizit vor. Die Abstimmung läuft dann über Brief- oder Urnenwahl. Dürftig.

SÄA021 "SMV ohne Festlegung auf Liquid Democracy"
Erneut ein Antrag auf eine SMV mit später festzulegender GO, aber diesmal ohne Liquid Democracy. Also ein Antrag darauf später eine Entscheidung zu treffen. (Ehrlich!!! Das machen wir ganz bestimmt!!!) Das Fantasietierchen der "verbindlichen Stellungnahme" geistert auch hier herum. Armes Ding. Sucht bestimmt seine Mama.

SÄA035 "SMV light"
Hier sehen wir einen Antrag von Andi Popp. In sich durchaus interessant, wenngleich er auch in die selbe Kategorie wie SÄA012, SÄA027 und SÄA021 fällt: Keine Entscheidung. Von all diesen Anträgen ist er aber noch der sauberste. Keine Festlegung auf Liquid Democracy und auch die "verbindlichen Stellungnahmen" finden hier keine Ruhe. Der Antrag legt sich allerdings auf Online-Abstimmung fest.

SÄA040 "Basisdemokratische Ständige Mitgliederversammlung"
Keine Liquid Democracy, keine GO. Soll irgendwie online sein. Wer das hier nehmen möchte, dem sei Andi Popps Antrag als bessere Alternative ans Herz gelegt.


    SÄA041 "Die Schnuffel SMV mit geheimer Abstimmung und ohne Delegation für Stellungnahmen und Positionspapiere OHNE Programm OHNE Satzung"
    Lasst doch bitte endlich diese armen "verbindlichen Stellungnahmen" in Frieden! Die KÖNNEN nichts dafür! Keine GO und Liquid Democracy. Muss ich mehr sagen?


    Ich brauche kurz Hilfe, ich habe einen Holzsplitter in meiner Stirn. Ein Satzungsänderungsantrag der uns verpflichtet nicht voreilig unausgegorene Dinge in die Satzung zu schreiben. Merkt ihr noch selber, liebe Antragsteller, nicht? So etwas kann schwere Kopfverletzungen verursachen, ich bitte um mehr Rücksicht...


    SÄA003 "Basisentscheid und Basisbefragung - Beschlüsse außerhalb von Parteitagen"

    Eine reine Urabstimmungsordnung, aufgrund des Parteitagsvorbehalts ist diese natürlich nicht zu Programmänderungen berechtigt. Eine GO ist tatsächlich auch eingereicht, dieser Antrag ist also eine funktionale Alternative zu SÄA026.
    Funfact: Wenn man ein separates Organ zur Umsetzung einer SMV wählt kann man praktisch nichts damit anfangen. Keine Personenwahlen, keine Programmänderungen, keine Satzungsänderungen. Die Antragsteller haben das sogar noch bemerkt. Und mal wieder die "verbindlichen Stellungnahmen" gewählt. Der nächste der mir diesen sprachlichen Sondermüll auftischt bekommt einen Schwall Erbrochenes ins Gesicht. Dieser Antrag erlaubt dem BuVor eine Geschäftsordnung festzulegen.

    Ergebnis

    Im wesentlichen haben wir zu unterscheiden zwischen den Anträgen mit Liquid Democracy und denen ohne, dann zwischen denen die eine konkrete Lösung sind und denen die sich auf eine noch zu beschließende GO verlassen.

    Anträge die nichts konkretes bewirken:
    1. Mit Liquid Democracy
      1. SÄA012
      2. SÄA027
      3. SÄA029
      4. SÄA041
    2. Ohne Liquid Democracy
      1. SÄA021
      2. SÄA035
      3. SÄA040
      4. SÄA039
    Anträge die konkret etwas bewirken:

    1. Mit Liquid Democracy
      1. SÄA009
      2. SÄA010
    2. Ohne Liquid Democracy
      1. SÄA003
      2. SÄA026

    Einen Sonderpunkt wegen extremer Dämlichkeit erhält von mir SÄA042. Was die Antragsteller von diesem Schildbürgerstreich geritten hat wüsste ich wirklich gerne...

    Wer eine Entscheidung und keine endlose weitere Diskussion möchte hat also die Wahl zwischen Liquid Feedback - Full Crackhead Edition, Liquid Feedback - Almost Full Crackhead Edition, und Dezentraler Urnenwahl à la Rheinland-Pfalz. Wer lieber noch ein bisschen weiter um des Kaisers Bart streitet darf sich aus den übrigen 9 Anträgen einen raussuchen, mein persönlicher Favorit wäre da noch Andi Popps Antrag, der ist wenigstens nicht vollkommen unbrauchbar.

    Egal was wir entscheiden: Geklagt wird auf jeden Fall, gleich dreimal wenn wir am Freitag unter geringst möglicher Beteiligung ein Tool durchwinken das die Beteiligung verbessern soll...

    Ich werde am Freitag übrigens nicht da sein, zum einen weil mir die Diskussion zum Hals raushängt, zum anderen weil ich arbeiten muss...

    *UPDATE*
    Eigentlich wollte ich das schon früher tun, aber besser spät als nie ;)
    Wie Entropy in den Kommentaren schon richtig bemerkte habe ich da bei SÄA003 etwas falsch gemacht ;) Updates oben bei SÄA003 und SÄA039.

    Samstag, 27. April 2013

    Warum wir auf absehbare Zeit keine SMV haben werden...

    Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge nach Neumarkt. (Wenn ich denn gehe.)

    Wir werden keine SMV bekommen. Dies steht für mich, unabhängig vom Ergebnis der Umfrage, bereits fest. Die Fronten sind festgefahren, und es gibt einige Grenzen die legal nicht überschritten werden können. Eine Urabstimmung werden die Hardcore-LiquidFeedback-Fans sicher zu verhindern wissen, und sollten sich ebenjene mit ihren eigenen Vorstellungen durchsetzen wird die LiquidFeedback SMV entweder vom Bundesschiedsgericht oder von einem ordentlichen Gericht abgeschossen.

    Wie man es dreht und wendet: Der Zug ist abgefahren. Vielleicht war er schon 2010 abgefahren, als aus Berlin durch die Hintertür (wer erinnert sich noch an die "normative Kraft des Faktischen"?) versucht wurde Liquid Feedback bundesweit zu installieren. Rückblickend auf den Landesparteitag 2013.1 in Baden-Württemberg sieht man an der Abstimmung zur Briefwahl beziehungsweise LiquidFeedback Lösung was passiert. Es wurde eigentlich schon alles gesagt, mittlerweile auch so ziemlich von jedem der es sagen wollte, aber irgendwie reicht es immer noch nicht. Wir haben jetzt einen Beauftragten für die Diskussion.

    Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: Wir haben einen Beauftragten der für uns die Diskussion führen soll.

    Was soll denn bitte noch diskutiert werden? Dass die Klarnamenspflicht schlicht verfassungswidrig ist, ist mittlerweile selbst bis nach Berlin vorgedrungen. Dass Liquid Feedback (und damit die einzige Softwarelösung die mit Vehemenz vorgetragen wird) ohne selbige - und eigentlich auch mit selbiger - ein Sicherheitstechnischer GAU ist, ist auch jedem klar der mal fünf Minuten recherchiert und nicht sofort den Programmierern glaubt, die diesen Sicherheits-Unfall verbrochen haben. Was bleibt denn da überhaupt noch übrig? Verschiedene Grade von klassischen Urabstimmungsverfahren, sei es mit Urne oder Briefwahl, und der dezentrale Parteitag. Aber selbst da ist die Diskussion eingeschlafen. Man fühlt sich nicht gut genug informiert.

    Was ist los? Ich glaube es liegt daran, dass sich keiner dafür interessiert. Es geht der Mehrheit der Piraten schlicht am Arsch vorbei. Und das obwohl es das grundlegendste Problem unserer Partei ist. Niemand braucht eine weitere klassisch organisierte Partei, und liebe Piraten: Da werden wir landen wenn wir nicht aktiv dagegen arbeiten, wir sind schon fast da. Statt aktiv an einer Lösung dieses zentralen Problems zu arbeiten wird über die Wichtigkeit verschiedener Themen gestritten. "Die Linken" geben sich mit "den Liberalen" auf den Deckel, "die Feministen" verkloppen sich mit "den Maskulisten", "die Netzgemeinde" verhaut sich munter selbst, und irgendwo zwischen drinnen sitzt der große Rest, hört bei allem ein bisschen rein und hebt dann nach eigenem Gusto sein Stimmkärtchen hoch.

    Die Popcornpiraten sind vielleicht der deutlichste Hinweis was das Problem ist: Wir sind zur Sofapartei geworden. Mitmachpartei war gestern, heute soll gefälligst geliefert werden.

    Liebe Piraten: Is nich. Arsch hoch, wählen gehn! Bildet euch verdammt noch mal eure eigene Meinung! Demokratie ist ein Mitmachspiel und keine Gameshow!

    Montag, 15. April 2013

    Kurz verbloggt: Ich liebe Montage

    7:30 Der Wecker klingelt.
    7:50 Ich krieche aus dem Bett, und schleiche in die Dusche, man will ja nicht den ganzen Tag stinken.
    8:10 Ich verlasse das Haus...
    8:11 ... und gehe wieder zurück, weil Tabletten und Tasche sollte ich wohl mitnehmen.
    8:30 Hui das geht ja flott, da bin ich sogar noch pünktlich. 
    8:31 Warum bremsen die da?
    8:32 Was meint die da im Radio mit "Vollsperrung der A5"? 
    8:34 Hm, da ist eine Abfahrt...
    8:44 muss mein GPS jetzt herumzicken? 
    8:46 Ah, die Straße kenne ich!
    8:50 Von hier aus ist es nicht mehr weit!
    8:55 Waren die 5 Minuten rote Welle wirklich nötig? 
    9:01 Parkhaus.
    9:15 Ankunft Hörsaal
    9:23 zweiter Redner hört auf, "hab ich was verpasst" "eigentlich nicht", warum bin ich nochmal hier?
    10:11 Ich frage mich ob ich irgendwoher Popcorn bekomme um es auf die Leute vor mir zu werfen.
    10:17 Da spricht jemand vom RCDS, der Wunsch nach Popcorn steigt...
    10:42 Prof erklärt, dass um 14 uhr eine 2stündige InfoVL ist. Da sollte ich wohl hingehen.
    10:46 Wegbeschreibung zum Mensacafe erhalten, klingt sinnvoll.
    11:05 Ankunft Mensa, beim bezahlen feststellen, dass die Geldkarte noch nicht geladen ist. Egal, die freundliche Dame an der Kasse lädt meine Karte mit 10€ auf und holt sich dann die halbe Kohle elektronisch wieder zurück.
    11:07 Bärlauchschnitzel mit Bratensauce schmeckt, ... ... ... toll...
    11:12 Kollege ruft an und lässt sich eine Eigenart von AngularJS erklären.
    11:47 KUCHEN!

    Donnerstag, 4. April 2013

    Empörtuum Mobile

    Steinigt ihn!

    Manchmal möchte man einfach nur, dass "Das Leben des Brian" zwangsweise im Schulunterricht gebracht wird. (Funfact: Bei mir wurde es das im evangelischen Religionsunterricht übrigens, aber das ist eine andere Geschichte.) Es gibt da diese wundervolle Steinigungsszene. Ein einziger Blick auf www.popcornpiraten.de erweckt da so krasse Überschneidungen, dass es unheimlich ist.

    Kannte Monty Python damals etwa schon die Piratenpartei oder Twitter? Ich vermute eher nicht. Was er aber kennt und unglaublich gerne persifliert ist die menschliche Natur. Ein Aspekt davon ist Empörung. Mir persönlich sind klare Definitionen wichtig, und ein Blick in den Duden ist bei diesem einfachen Wort bereits ausreichend:
    Von starken Emotionen begleitete Entrüstung als Reaktion auf Verstöße gegen moralische Konventionen.
     Bis vor einigen Jahren war dieser Begriff nicht weiter wichtig, doch inzwischen lebt jeder von uns in einer stark gefilterten Wahrnehmungsblase. Das "soziale Netzwerk" beispielsweise im deutschsprachigen Internet ist eine große Menge solcher überlappender Blasen. Informationstheoretisch ist es überaus interessant herauszufinden wie sich Nachrichten durch dieses Netzwerk fortbewegen, daher gibt es dort bereits aktive Forschungsprojekte. Eine Erkenntnis steht bereits fest: Stark emotionalisierter Kontext breitet sich ab einer gewissen Schwelle exponentiel aus.

    Das bekannteste Beispiel für diesen Fakt ist vermutlich das Video Kony 2012. Damals schwappte eine bis dato nicht bekannte Welle an Informationen durch das Netz. In vorher noch nie beobachteter Geschwindigkeit breitete sich eine Nachricht durch den Komplex vernetzter Wahrnehmungsblasen aus. Die Nachricht hatte alle notwendigen Komponenten: Starke Emotion, Entrüstung, und einen Verstoß gegen eine klar definierte moralische Konvention.

    Eine Empörungswelle schwappte durch das Netz.

    Empörung und rationales Denken

    Man kann schon an der Definition im Duden ein großes Problem erkennen. Starke Emotionen und Entrüstung vertragen sich nicht so furchtbar gut mit den höheren Hirnfunktionen. Da wird die verbliebene (teilweise recht geringe) Menge Restverstand schnell beiseitegeschäumt und in "gerechtem Zorn"™ fröhlich auf dem Altar der Brandrede geopfert. Daraus folgt ein wesentliches Merkmal dieser Empörungswellen, es geht immer um einfache Sachverhalte: "X hat gesagt!" "Y hat gemacht!" "Z hat vergessen!"

    Um als Empörungswelle erfolgreich sein zu können müssen Informationen auf einen manchmal falschen Kern reduziert werden. Das ist praktisch, besonders dann wenn es darum geht eine moralische Konvention zu festigen die nicht so sehr Konvention ist wie es einige gerne hätten. Es ist was faul im Staate Deutschland: Wir haben ein Problem mit der Vergangenheitsbewältigung.

    Rational betrachtet wird die jüngere Geschichte Deutschlands von den historisch einschneidenden Ereignissen zwischen 1933 und 1945 dominiert. Mit als Folge der Judenverfolgung  im Dritten Reich gründete sich 1949 der Staat Israel. Schon aus der zeitlichen Abfolge und der enormen Schuld die Deutschland als Nation auf sich geladen hat folgt, dass die Beziehung zwischen diesen beiden Staaten und deren Bürgern eine schwierige sein wird. Richtig problematisch wurde diese Beziehung aber erst in den 70er Jahren. Damals entstand zwischen den sowjetisch gestützten Organisationen PFLP (einer Tochterorganisation der PLO) und deutschen links-extremistischen Organisationen wie der RAF oder den RZ eine enge Zusammenarbeit.

    Die Linke Szene in Deutschland entwickelte sich also früh in Richtung eines ans absurde grenzenden Weltbildes: Während man einerseits den eigenen Vätern und Müttern die Verfolgung der Juden zur Zeit des Dritten Reichs vorwarf und die Nationalsozialistischen Überbleibsel in der aktuellen Regierung als Beweis für deren Korruption wahrnahm, fand man sich einerseits mit den Palästinensischen Widerstands- beziehungsweise Terrororganisationen im Bezug zum Staat Israel auf Seite eben dieser rechten Ideologie wieder. Die schizophrene Beziehung zum Staat Israel und seinem Umgang mit den Palästinensern zieht sich durch linke Kreise bis in die heutige Zeit, und gerade die Kritik am Staat Israel wird deshalb immer Zankapfel bleiben und Auslöser epischer Schlammschlachten sein.

    Ich persönlich unterscheide übrigens nicht zwischen verschiedenen Krisenherden auf der Welt. Mir persönlich ist das ständige Morden von Menschen auf der Welt ein Dorn im Auge, egal ob Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen, Saudi Arabien, und wie sie alle heißen und eben auch dem Gaza Streifen und Israel. In Verbindung mit meiner persönlichen Bekanntschaft mit David Dorst war mir sofort klar, dass sich hier alle Shitstormer schlicht lächerlich machen werden. Denn im Gegensatz zu den üblicherweise leichten Opfern, die einfach nur unüberlegt etwas Dummes posten, denkt Dave über seine Aussagen nach. Die Bruchlandung in der Realität ist also vorprogrammiert.

    Empörtuum Mobile

    Und trotzdem rollte sie wieder, und wird wieder rollen: Die Empörungsmaschinerie. Trivialisierung ist eine schöne Sache und wenn man ein Feindbild hat, dann hat der Tag Struktur, wie Volker Pispers einmal so treffend im Bezug auf den Feminismus bemerkte. Von der Bildzeitung über Blogs wie den von Felix Leitner bis hin zu den Dingen die jeder Einzelne von uns retweetet: Überall vereinfachen wir und generalisieren wir. Das muss nicht unbedingt etwas schlecht sein, ohne Vereinfachungen ist der Informationsflut in unserem Leben gar nicht mehr beizukommen, aber es wird immer dann zum Problem, wenn wir die Vereinfachung als Wesenskern und vollumfängliche Wiedergabe einer Information fehlinterpretieren. 

    Diese unangenehme Eigenschaft selbstorganisierter Kommunikationsnetzwerke hat inzwischen Paradoxe Auswirkungen angenommen: Aus Angst vor einer Empörungswelle werden inzwischen beispielsweise von Vorständen der Piratenpartei Informationen zurückgehalten. Dem Landesvorstand in NRW wird dies jetzt zum Verhängnis. Genüßlich zelebriert man jetzt die Empörung über das Zurückhalten von Informationen und schreit Transparenz, verräterisch ist aber, dass es genau die gleichen sind die da schreien würden wenn die Information früher herausgegeben worden wäre. Der Schlachtruf hätte dann anders lauten müssen, aber wen kümmert das? Die Empörung ist da, ein Grund wird sich schon finden.

    Und so rollt das von @JoKnopp so passende benannte "Empörtuum Mobile" im Gegensatz zu seinem Namensvetter ungebremst durch die Landschaft und vernichtet und vergiftet eine sich gerade entwickelnde Kommunikationslandschaft. Und während ein Perpetuum Mobile eine physikalische Unmöglichkeit ist ist das Empörtuum Mobile inzwischen gut dokumentiert und empirisch beweisbar. Der Grund liegt in der menschlichen Natur, im Sensationalismus. Denn Empörung muss ja einen guten und wichtigen Grund haben, niemand würde sich völlig grundlos "stark emotional entrüsten". Und so trägt jeder Einzelne bei, zu der großen endlos laufenden Empörungsmaschinerie. In Anlehnung an die Fantastischen Vier kann sich also jeder mitnehmen: Du stehst nicht im, du bist der Shitstorm.

    Johannes Knopp entgegnete übrigens mit seiner Namensschöpfung einem meiner Tweets:
    @JoKnopp der Punkt ist: Empörung ist nicht hilfreich! Aber wenn alle schon dabei sind kann ich ja wenigstens Spaß haben, oder?
     Ich halte diese Maschine nicht auf, das kann keine Einzelperson. Wir können nur alle für uns selbst aufpassen welche Information wir wie weitergeben. Wir können nur selbst aufhören destruktiv zu sein. Ich selbst schütte manchmal absichtlich etwas in die Empörungsmaschinerie hinein, genauso wie Dave es tut. Meistens passiert gar nichts, aber ganz selten trifft ein Zufall den anderen und fefe organisiert 38.000 Besucher für ein Blog das sonst bestenfalls ein paar Dutzend Piraten lesen.

    Ich konnte übrigens einen der 38.000 überzeugen seine "stark emotionale Entrüstung" abzulegen und rational über das geschilderte Problem nachzudenken. Vielleicht engagiert der sich bald bei den Piraten.

    Ein kleiner Schritt, aber... It's something.

    Samstag, 23. März 2013

    Die Nutten der Netzgemeinde

    TLDR: Piraten sind Teil der Netzgemeinde und nicht eure privaten Arbeitssklaven! Wenn ihr was wollt fragt freundlich oder macht es selber! "Die Netzgemeinde" wird in den Medien synonym für "Die Piraten" verwendet, wenn "ihr" rumflamet, dann steht nachher auf SPON "Piratenshitstorm". Wir sitzen alle im gleichen Boot, also hört auf so begeistert Löcher reinzuballern!
    Die Piratenpartei ist der Basar, nicht die Kathedrale!

    -

    Man stelle sich eine Wohngemeinschaft mit zehn Mitgliedern vor. Keiner möchte gerne das Haus verlassen. Nach einer gewissen Zeit gehen zwei der Mitglieder endlich nach draußen und kaufen ein. Nach ihrer Rückkehr kochen sie für die anderen acht Mitbewohner ein Essen. Die Resonanz ist mäßig: "Nichts besonderes." "Hab schon besser gegessen." "Hauptsache, der Ranzen spannt!"
    "Einmal ist keinmal." denken sich die Zwei und machen sich wieder auf den Weg. Diesmal wird aufwändiger gekocht, ein Menu ausgeheckt. Diesmal ist die Resonanz schon besser: "Yeah!" "Na also, geht doch!"
    Durch das Lob ermuntert setzen die Zwei ihre Arbeit fleißig fort, Menu um Menu wird zubereitet, und Tag um Tag mit Einkaufen verbracht. Irgendwann stellen die Zwei fest: Aus den 8 Mitbewohnern sind mitlerweile 98 geworden, aber zum Einkaufen will irgendwie trotzdem keiner mit. Dafür haben aber alle 98 gute Ratschläge: "Versucht es mal mit Salz, damit kann man angeblich würzen!" "Es gibt Läden, die heißen Supermärkte, da kann man voll gut einkaufen!" Und nicht nur Ratschläge sondern auch Forderungen werden laut: "Ich will Lasagne!" "Spaghetti!" "Macht mal was veganes!"
    So langsam wird den Zwei die Arbeit zuviel, und außerdem mehren sich die Stimmen der Kritiker: "Boah, um 12 hat das Essen auf dem Tisch zu stehen ihr faulen Säcke!" "Warum kauft ihr eigentlich immer beim gleichen Laden um die Ecke? Der im übernächsten Ort ist viel besser!" "Lasagne!!!"
    Auf den Einwand, dass doch mal jemand anders kochen könnte hagelt es "Kritik": "Ihr seid doch nur faul!" "Ihr seid die Köche!" "Versager!"

    Was in einer WG nach schätzungsweise 2 Tagen zu mindestens einem Mord, oder schlimmer noch einer WG-Krisensitzung führen würde ist im Netz an der Tagesordnung. Das ist jedenfalls meine Schlußfolgerung aus der Resonanz um meinen Motzer in Richtung fefe. Zugegeben, die feine Englische war das nicht, aber nach 4 Jahren kochen angepöbelt zu werden, warum das Essen nicht um 12 auf dem Tisch steht ist auch nicht die feine Englische... Den CCC so anzugehen tut mir übrigens Leid, ich habe schlicht dasselbe getan wie es fefe auch so gerne tut: Wenn jeder Pirat für ihn "Die Piraten" ist, nun, dann darf ich ja wohl deutlich sichtbare CCC-Mitglieder zu "Dem CCC" erklären? Bestenfalls zeigt es mal wie lächerlich diese Verallgemeinerung ist. Mehr dazu später.

    Neben Grammatiktrollen und anderen Einfallslosen (heißer Tipp: mein geschriebenes Deutsch ist tatsächlich nicht das Beste, aber es ist zumindest lesbar und orientiert sich in seinem Aufbau an meinem gesprochenen Deutsch, das zumindest einigermaßen gut ist) gesellte sich auch ein bestimmter Schlag Coinnaisseur unter die hungrigen Gäste. Da waren allerlei "nützliche" Tipps, und derart viele Menuvorschläge, dass man damit den ganzen Landesverband Baden-Württemberg wochenlang beschäftigen könnte. Mein persönliches Highlight von einem Ratschlag postete dabei Smökje:
    1. Glaubwürdige Statements
    2. Entwicklung einer angemessenen Arbeitsstruktur
    3. Nerven der etablierten Parteien und Fehlverhalten aufzeigen
    Man muss dieses Statement einfach mal in seiner Genialität bewundern. Ach DAS haben wir die ganze Zeit falsch gemacht! Endlich sagt das mal jemand so klar! ... NOT!
    Als ich diesen Kommentar gelesen habe bekam meine Tischkante einen neuen Gebissabdruck. Die Naivität die aus den übrigen Kommentaren heraus sprach war ja schon ätzend, aber diese Perle setzte alldem noch die Krone auf. Glaubwürdige Statements? Ein schlimmerer Allgemeinplatz fällt mir spontan nicht ein. Zu was denn? S21? NSU-Untersuchungsausschuss? Leistungsschutzrecht? Korruption? Nebeneinkünften? Alles da, interessiert nur kein Schwein.
    Entwicklung einer "angemessenen" Arbeitsstruktur? Gerne, komm her und mach! Ich beschäftige mich seit fast 3 Jahren damit und eine Lösung ist mir immer noch nicht in den Schoß gefallen... Was soll das sein? Angemessen? Gemessen an was? Menge der Mitarbeiter? Menge der Aktiven der letzten Woche? Menge der Pressemitteilungen? Qualität der Pressemitteilungen? Anzahl der Aktionen in der letzten Woche? Was ist denn eine "Arbeitsstruktur"? Vorstände? PresseAGs? AGs? Crews? Kreisverbände? Bezirksverbände? Wollen wir die programmatische Entwicklung verbessern? Die Einbindung von externen in Arbeitsabläufe? Die Geschwindigkeit von Pressemitteilungen? Was sollen wir denn "angemessen" erledigen?!
    Alles im ständigen Fluss und in Verbesserung begriffen.
    Nerven der etablierten Parteien und Fehlverhalten aufzeigen? Wo denn? Wie denn? Auf Aktionsseiten zum Beispiel? Die es etwa zu Peer Steinbrücks Nebeneinkünften gab (oder auch zu Alexander Morlangs :D)? Durch nachbohren bei Fragestunden? Nichtmal fefe interessiert sich für so Kram.
    Stattdessen liest man bei ihm von Spaßaktionen wie kleinen Anfragen zur Zombieapokalypse im Berliner Abgeordnetenhaus.

    Diese ganzen "hilfreichen Tipps" sind genauso für den Mülleimer wie die Forderungen die gestellt werden. Und warum? Weil die Leute die da texten den wichtigsten Punkt vergessen haben: Sie haben keinen Bock darauf selber zu kochen.

    ...

    Einsinken lassen.

    ...

    Die Netzgemeinde hat 2009 ein paar Mitglieder an das echte Leben verloren. Statt auf Mailinglisten, Foren und weißt-du-nicht-wo beschränkt zu bleiben begaben sich ein paar Pioniere auf in ein unbekanntes Land. Man verließ das traute Heim und fand Menschen auf der Straße die informiert werden mussten. Man erlebte wieviel Spaß Aktionen machen können. Man traf seltsame Wesen mit Berufsbezeichnungen wie "Journalist" oder "Politiker". 2009 war das Jahr in dem ich auf einer Mahnwache Artikel 5 des Grundgesetzes zu Grabe getragen habe und gegen die Absage der Intel Friday Night Games in Karlsruhe auf die Straße ging. Viele die vorher nur passiv Politik wahrnahmen wurden auf einmal aktiv und machten etwas. Es war Aufbruchstimmung! Nach der Bundestagswahl ging es dann wieder etwas langsamer. Allgemeines gegenseitiges beschnüffeln, wer ist das eigentlich hier in diesem Laden? Die ersten Verluste nach dem Hype '09 wurden vermeldet. Die Piraten entdeckten ihre chronische Vorstandsverdrossenheit. Ein paar Landtagswahlen standen ins Haus, und Leute die niemanden kannten wählten Leute die niemand kannte zu Kandidaten auf Listen und in Wahlkreisen. 2011 begann verhalten, mit Enttäuschungen bei den Landtagswahlen im Frühjahr, aber dann kam in Berlin der Durchbruch. Ab da schien alles klar, "die Piraten kommen!" war das neue Motto der Presse. Politik ist hipp und toll! Die Netzgemeinde kommt! Wer das für Realität hielt hatte inzwischen sein böses Erwachen: Auf Hype folgt Absturz.
    Die "Netzgemeinde" erkannte den Fehler: Schuld sind diese blöden Piraten! Muss ja so sein, denn das sind ja diese Politiker und die sind wenn überhaupt etwas dann schuld! Aber zu Kreuze kriechen wollte irgendwie keiner. Also keifte man sich gegenseitig an.

    Eine wirklich paradoxe Situation entspinnt sich: Teile der Netzgemeinde identifizieren sich unter verschiedenen Labels, irrtümlicherweise nennt sich der passive Teil "Netzgemeinde" der aktive Teil "Piraten". Der einzige echte Unterschied zwischen den Piraten und dem CCC? Die Piraten vertreten nicht nur ein begrenztes Themenfeld, und mit ein bisschen Glück können sie bald im Bundestag direkt mitreden. Experten kann man einladen und anhören oder einladen und ignorieren, Bundestagsabgeordnete sind da. Immer. Kuckt doch mal in die Landtage und seht was passiert! Investiert doch mal das bisschen Zeit um zu schauen was die Piraten tun! Klar kommen wir nicht in die BILD. Wie auch? Der Axel-Springer-Verlag wird den Teufel tun eine Partei die ihm politisch diametral entgegensteht auch noch zu bewerben... Diese Erkenntnis nennt man Medienkompetenz! (Auch eine Förderungs-Forderung der Piraten.)

    Würdet ihr bei Mozilla ins Entwicklerforum gehen, einen Thread mit Pöbeleien beginnen und meckern das ein bestimmtes Feature noch immer im Firefox fehlt? Nein? Warum tut ihr es dann bei den Piraten?

    Würdet ihr eure Freizeit opfern und euch dann auch noch von Leuten herumkommandieren lassen die faul auf der Seite sitzen und nicht mitarbeiten wollen? Nein? Warum verlangt ihr es dann von den Piraten?

    Würdet ihr euch in eine Tätigkeit, die ihr seit Jahren ausführt, von jemandem reinreden lassen der noch nicht einmal den grundlegendsten Hauch einer Ahnung davon hat? Nein? Warum erwartet ihr es dann von den Piraten?

    Es ist nicht so, dass Piraten keine Mitarbeit wünschen, im Gegenteil, jede Hilfe ist uns recht! Aber bitte, bitte, bitte, mit Zuckerguss und Sahnehäubchen oben drauf: Hört auf von der Seitenlinie reinzumotzen! Schreibt PMs, entwerft Mitmachsysteme, schreibt Programmanträge, nervt Politiker, geht auf die Strasse und sprecht Menschen an, aber um der Netzgemeinde willen: Hört auf euch selbst anzupöbeln!

    Piraten sind ganz normale Netizens die zufälligerweise in einer Organisation mitmachen die es braucht um in Deutschland in Politik direkt einzugreifen! Wenn der CCC zu diesem Zweck ausreichen würde bräuchte es keine Partei, aber den CCC kann man nicht in Parlamente wählen. Piraten sind ihr! Piraten sind nicht eure Nutten und nicht eure Sklaven! Wenn ihr mitmachen wollte: Bitteschön, die Organisationsstruktur ist inzwischen wesentlich einsteigerfreundlicher als sie es zu Zeiten meines Einstiegs war! Gerne geschehen! War mir und allen anderen Beteiligten eine Freude!

    Und jetzt seid ihr dran: Die Piratenpartei ist der Basar, nicht die Kathedrale!