Dienstag, 21. Mai 2013

Der fertige Blogpost

Ich habe einen Blogpost geschrieben. Und ich werde ihn nicht veröffentlichen. Manche Menschen sind mir das eben wert.

Ich bin nicht mehr Parteimitglied. Ich habe meinen Austritt heute an den LaVor geschickt. Die Gründe sind vielfältig, die Art und Weise in der mit Lisa und mir in den letzten Tagen umgegangen wurde ist ausschlaggebend. Diese Partei ist nicht mehr das was ich mir vorgelogen habe.

Wir sind längst nicht mehr der sichere Hafen für Politikverdrossene, wir sind ein Haifischbecken. Und die Schuldigen merken es nicht mal mehr. Ursachen werden überall gesucht, nur nicht bei sich selbst. Versuche anderer etwas zu verbessern werden im besten Fall kritisiert, im schlimmsten Fall aktiv unterminiert.


Ich stehe schon lange nicht mehr hinter den Zielen der Piraten. Der Mindestlohn ist glatte 3 € unter dem was ich für notwendig erachte, das BGE ist ein neoliberales U-Boot im sozialliberalen Tarnumhang, radikalen Laizismus halte ich für dämlich und über die Position zum Jugendschutz bei Computerspielen möchte man mich besser gar nicht erst anfangen lassen. Man spricht ja immer so gerne von der inneren Kündigung, nun, die habe ich wohl bereits 2011 ausgestellt. Seit damals interessiert mich das Programm eigentlich nur noch am Rande. Selbst gröbere Unfälle bin ich bereit zu akzeptieren, mein letzter Rückzugspunkt: Die Beteiligung. Ich habe mir die Piraten zur Mitmachpartei geträumt. Jeder sollte mitmachen können, ganz gleich wie er drauf ist, ob er blind, taub oder stumm ist, ob er dunkle oder helle Haut hat, männlich, weiblich oder sonst ein Geschlecht hat, introvertiert oder extrovertiert ist, zusammengefasst: Einfach jeder Mensch.

Ich habe geträumt. Diese Partei ist längst eine ganz normale Vereinigung wie es sie tausendfach in Deutschland gibt. Vereinsmeierei, politische Messerstechereien "unter Freunden" und brutale Meinungsgleichmacherei via Shitstorm. Das Überleben des Stärkeren - Polit-Darwinismus gewissermaßen - ist längst in die Piratenpartei eingezogen. Das am Anfang noch zaghaft wachsende Pflänzchen der Mitmachpartei ist im Shitstorm eingegangen. Mitmachen kann jetzt jeder, solange er bereit und gewillt ist hinauszutreten in den Überlebenskampf.

Es wurde mir ein Zitat von einem SPD-Politiker zugetragen: "Seid ihr Piraten bescheuert? Bei uns geht's ja auch nicht anders zu, aber wir machen das doch nicht öffentlich!" Ich habe dieses Zitat in letzter Zeit häufig verwendet, aber aus den falschen Gründen. Ich habe mich über das "öffentlich" gefreut, statt mich über das "nicht anders" zu ärgern. Genauer gesagt musste ich letzteres sogar aktiv ignorieren. Ich kann es nicht mehr ignorieren. Die Piratenpartei ist mittlerweile nicht mehr anders als die SPD. Wir haben zwar keine Delegierten, aber die wesentlichen Dinge, die sozialen Abläufe und Dynamiken, sind inzwischen gleich.

Ich bin von vielen Piraten enttäuscht und stinksauer auf andere. Ich will aber lieber die loben die ich zurücklasse, statt auf denen rumzuhacken die es meiner Meinung nach verdienen.

Die Zurückgelassenen

Ich verlasse eine Partei in der auch viele gute Menschen noch ihr Heim finden. Einige davon will ich hier nennen, wer hier nicht genannt wird möchte bitte nicht sauer sein, ich kenne einfach nicht alle guten Menschen in der Piratenpartei und von einigen guten Menschen kann ich einfach nicht richtig ausdrücken was mir an ihnen so wichtig ist.

Zuerst mal Peter Laskowski. Wir hatten einen etwas holperigen Start auf Twitter, aber es ist deiner unermüdlichen Offenheit zu verdanken, dass daraus etwas wurde. Du bist ein integrativer Mensch, du akzeptierst es nicht, wenn jemand behauptet, dass eine Differenz zu groß ist um darüber zu reden, aber gleichzeitig schaffst du es für dich eine Grenze zu ziehen. Es ist ein Drahtseilakt das zu machen, aber du bist ein Mensch dem ich diesen Drahtseilakt zutraue. Über deine tolle Reaktion in Neumarkt müssen wir gar nicht reden, wie dankbar ich dir dafür bin habe ich dir schon per DM gesagt.

Das Findeco Team: Inzwischen nur noch die Leute von DisQussion, alles was ich dazu beitragen konnte habe ich getan. Ihr träumt noch den gleichen Traum den ich mal geträumt habe, dass das Internet ein Platz ist an dem Diskussionen und politische Debatten fair ablaufen können. Macht weiter, bitte! Ich bete, dass ihr Recht habt, ich bete, dass ihr das schafft. Ich kann es nur nicht mehr glauben.

Dann ist da Kevin Honka: Unermüdlicher Basispirat mit Beauftragung. Freundschaftsdienste sind eine Selbstverständlichkeit. Die unentgeltliche Arbeit die du für mich und Sven erledigst (und für die ich dir immer noch das ein oder andere Getränk schulde *g*) ehrt dich. Du bist ein großartiger Freund.

Sven Krohlas: Wir haben uns 2009 am Stammtisch Karlsruhe kennengelernt. Einen Typ wie dich mit Worten zu beschreiben ist ein bisschen schwierig, weil die Aura der Selbstverständlichkeit mit der du das tust dabei verloren geht. Du hast immer ein offenes Ohr und eine offene Tür wenn irgendwas ist. In deiner Scheune lagern immer noch 10 200 Liter Fässer und ein Zelt von mir. Wenn ich dich morgens um 3 anrufe und sage "ich brauche dringend nen Platz um unterzukommen!" machst du die Tür auf bewirfst mich mit einer Decke und gehst wieder pennen. Die Geschichte mit dem Hammer übrigens, ... die war erfunden. Aber sie HÄTTE stattfinden können, und du konntest das Gegenteil nicht beweisen!

Lisa Collins: Du hast die erste Version dieses Blogposts gelesen, und weil du mich drum gebeten hast habe ich ihn überarbeitet. Du bist viel zu nett für diese Welt. Dich kennenzulernen und zu meinen Freunden zählen zu dürfen, dich sogar als meine beste Freundin bezeichnen zu dürfen ist ein Privileg. Die Piratenpartei sollte eine Partei sein in der du deine Ziele umsetzen kannst, in der du deine Visionen ausleben kannst. Sie ist es nicht, und das ist auch mein Versagen. Mein Traum von Demokratie war eigentlich schon vorbei, als ich dich kennengelernt habe und gemerkt habe, dass du diejenige bist für die ich mir das wünsche. Und was dir passiert ist hat mir gezeigt, dass es nur ein Traum ist. Ich habe verkannt in was für einer Partei wir sind, und damit einen Fehler gemacht der dich in einen Shitstorm warf. Ich könnte einen ganzen Blogpost darüber schreiben, aber ich bleibe dabei was ich schonmal geschrieben habe: Ich akzeptiere jede Beleidigung und jeden Flame gegen mich und meine Person, aber wer dich angreift, der trifft mich.

Auch in dieser Liste fehlen wieder Leute. Jede Menge Leute. Viel mehr als in der anderen Liste. Piraten das sind immer noch die Leute die Steaks auf den Grill werfen mit den Worten "wenn jemand Hunger hat, hier sind Steaks!", immer noch die Leute die auf den Ruf "ich bräuchte mal nen Hammer" mit eiligem Gewusel reagieren. Aber irgendwie haben wir es mehrere Jahre lang nicht geschafft diese Nettigkeit ins Netz zu retten, und da wollen wir jetzt unsere Entscheidungen treffen. Mutig? Übermütig. Versucht euch das zu bewahren, ich werde weiterhin den Leuten die ich als Freunde betrachte helfen. Ich bete, dass ihr es schafft diese kaputte Partei zu retten, aber mein Wahlzettel bleibt wohl vorerst leer.

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